Carnac – Das Meer

Vorher: Carnac – die Landschaft


Die Menschen von damals werden sich kaum mit genau dieser Frage beschäftigt haben. Denn eine Frage stellt sich vorerst und die lautet: Inwiefern dachten die Menschen zu jener Zeit schon? Inwieweit unterschied sich ihr Denken von jenem der Tiere, die auch überleben mussten?

Möglicherweise entdeckten die Menschen der Steinzeit, die in der Bretagne lebten, dass das Leben aus dem Wasser gestiegen ist. Diese klare Formulierung entbehrt im Augenblick natürlich noch der festen Grundlage in diesem Traktat.

Was unterschied jene Menschen in ihrem Denken vom Tier?

Man muss sich aber vor Augen halten, in welchem Entwicklungsstadium die Menschen von damals lebten. Sie kannten weder Kupfer noch Eisen. Und es muss sogar davon ausgegangen werden, dass jene Menschen vermutlich über kein ausgebildetes Denken im Sinne von heute verfügten. Was unterschied sie in ihrem Denken vom Tier?

Der Verstand bahnt sich seinen Weg @ Georges Scherrer

Hingegen festigt sich in der Wissenschaft der Prähistorie die Erkenntnis, dass alles Leben, das aus dem Wasser kommt, die Entwicklung des Menschen gefördert hat. Salz, Fisch und Muscheln erleichterten dem Menschen das Dasein am nordwestlichen Zipfel des Kontinents gehörig. Sie kamen am Meeresrand leichter zu Nahrung als die Jäger, die mit grossem Aufwand und viel Kraft und List in den Wäldern das Wild jagten und dabei ausserordentlich Energie verpufften.

Seit Menschengedenken: Eine Reuse am Strand @ Georges Scherrer

Seit Menschengedenken verfügt der Mensch über Reusen. Der Mensch, der nicht auf die Jagd ging, sparte mit diesem Werkzeug und dem Einsammeln von Muscheln viel Zeit und Energie. Diese beiden Elemente führten nach Auffassung von Erforschern der Mittelsteinzeit dazu, dass der Mensch von damals seinem Empfinden – oder ist es bereits angebracht, von Denken zu sprechen? – mit grossen Bauten Ausdruck gab.

Dolmen: ein Schutz vor Wind und Wetter @ Georges Scherrer

Eine verrückte Idee, im Grunde genommen, zu erklären, dass der Fisch dem Menschen dazu verhalf, Steine zu Menhiren aufzurichten! Eine Zusammenfassung dieser Überlegungen und der Forschungsergebnisse, aus denen eben Versatzstücke wiedergegeben wurden, liefert Wolfgang Korn in seinem Buch „Megalithkulturen in Europa“. Der Autor stellt zudem im Anhang wertvolle Links und Buchhinweise zusammen, so dass sich der Leser nach Beenden der Lektüre des Buches und dieses Traktats über andere attraktive Fachliteratur noch tiefer in die Materie einarbeiten kann.

In jener Urzeit war der Mensch stark Wetterschwankungen und Dürren ausgesetzt.

Eines ist aber gewiss: Der Mensch von damals erkannte, dass ihn ernährte, was im Wasser schwamm und was er aus diesem gewann. Dem Anschein nach waren die Menschen am Meeresufer weniger der Unbill der Jahreszeiten ausgesetzt, als jene, die im Landesinneren lebten. In jener Urzeit war der Mensch gemäss der Forscher im Landesinneren stark den Wetterschwankungen und damit verbundenen Dürren ausgesetzt. Der Winter verwandelte die Regionen in Gebiete mit äusserst harten Lebensbedingungen.

Ein Dolmen im Schutz seines Waldes @ Georges Scherrer

Das Meer dagegen bot Fische und Muscheln. Letztere verachteten die Menschen an den Meeresufern durchaus nicht, wie Funde von in der Steinzeit aufgeschüttete Muschelbergen in Küstennähe belegen. Die leicht greifbaren Schalentiere erleichterten das Überleben, sagt Korn. Den Fischern waren die Muscheln was dem Bauern das Korn. Mit dem Unterschied, dass das Meeresgetier nicht den Gesetzen der Jahreszeiten ausgesetzt war und sich ihr Bestand, der regelmässig durch die Gezeiten an Land gespült wurde, als beständiger erwies als das, was die Erde hergab.

Grundnahrungsmittel am Meeresstrand @ Georges Scherrer

In der Gegend des heutigen Carnac an der Bucht von Quiberon muss in der Mittelsteinzeit eine bedeutende Population gelebt haben. Davon zeugen die vielen Bauten aus dem Mäsolithikum: Tumuli, Dolmen, Cairn und aufgerichtete Steine – eben diese Menhire, die mit ihrer vertikalen Haltung einen klaren Kontrast zu den Fischen bilden, die in waagrechter Position durch das Wasser schwimmen.

Die Schwimmposition der Fische stimmt mit jener der Toten überein.

Die Schwimmposition der Fische stimmt mit jener der Toten überein. Auch diese liegen in einer waagrechten Lage auf dem Boden. Der Mensch, solange er lebt, geht aufrecht zum Himmel ragend seiner Wege. Tot verlässt er seine angestammte Position. Liegend wird er in sein Grab gelegt.

Nicht weit her geholt scheint daher die Interpretation, dass die Menhire als heil aufragendes Gestein einen Gegenpart zu Toten darstellen. Aufrecht stehen sie über dem, was vergeht. Stimmt dieser Symbolgehalt für die Menhire?

Ein Denkmal für Fürsten, Fürstinnen, geistige Führerinnen, Heiler, Heilerinnen?

Oder steht der Stein in Erinnerung an auserlesene Mitglieder der Gesellschaft in der Gegend, an Oberhäupter jener Horden, welche die Umgebung bewohnten. Fürsten, Fürstinnen, geistigen Führerinnen, Heiler, Heilerinnen? Eine in Stein erstarrte Figur der Bewunderung?

Ein Muschelesser aus der Vorzeit? @ Georges Scherrer

Diese Deutungsversuche gehören wie jene zu Beginn des Traktates aufgeführten Darlegungen über den Leuchtturm an der Côtes d’armor in das Reich der Phantasie verbannt, die zwar auf Flügeln daherkommt, aber keinen festen Grund unter den Füssen hat.

Das Dach

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