Heiraten im Jenseits? Doch, das gibt es. Die zwischen zwei Individuen geschlossene, amtlich abgesegnete Verbindung ist jedoch an eine konkrete Bedingung geknüpft. Sie heisst Liebe. Wird dieser nicht innerhalb der gesetzten Frist von vierundzwanzig Stunden erfüllt, folgt der zweite Schiedsspruch: Les jeux sont faits. Das mit der Liebe, die nicht nur in Worten gelebt wird, ist keine einfache Sache, besonders wenn das Paar mit Sicherheit weiss, was die Zukunft bringen wird. Dann wird es mit dem Leben noch komplizierter, als es bereits für viele Menschen ist. Denn die Toten wissen um die Zukunft.

Die Toten schauen den Lebenden über die Schultern auf die Karten, die diese in den Händen halten. So will es Jean-Paul Sartre in seinem Filmskript ‘Die Spiele sind gemacht’. Die Ewigkeit und das Zeitliche treffen sich in der Manege. Die Toten schauen den Lebenden beim Kartenspiel zu, kennen das Blatt. Letztere wissen nichts davon. Die sehenden Toten können die Lebenden nicht warnen, wenn diese eine falsche Karte ziehen. Die Toten müssen aus diesem Grund zurück unter die Lebenden, wenn sie warnen wollen.

Der Mensch ist ein Labyrinth. Viele verlieren sich darin, finden den Ausgang nicht und gehen zugrunde; finden sie aber aus dem Tod zurück, landen sie in einem neuen Patt, das sie ins Matt zurück führt. Denn schnell heisst es gegenüber Leuten, die den Weg vom Tod ins Leben zurück gefunden haben: Du siehst Gespenster. Wissend, aber hilflos: Das ist das Los jener, die wieder ins Leben finden. Da nutzt aller Aufstand gegen Tod und Schicksal nichts.

Unter diesen Voraussetzungen ist es gar nicht so einfach, den Ort auszumachen, wo sich der Text von Jean Paul Sartre Les jeux sont faits würdig zu Ende lesen lässt. Ich bin durch die Strasse gegangen und habe die Menschen angeschaut. Ich habe mich gefragt: Welche dieser Kreaturen ist eine Wiederkehrende, ein Wiederkehrender? Wer weiss um die Zukunft und möchte uns Menschen warnen, so dass wir unser Verhalten ändern? Welche von diesen Gestalten, die um die Zukunft weiss und weiss, dass sie das anstehende Geschehen nicht beeinflussen kann, zieht eine enttäuschte und resignierte Fratze.

Ein Ort, wo sich Menschen mit oft merkwürdigem Gesichtsausdruck treffen, ist die Fasnacht. Auch wer das Leben mit ernstem Gesicht durchschreitet, befindet sich in einem Fasching. Es zeigt sich, dass der Mensch einen sehr grossen Aufwand betreibt, um durch das Leben zu gehen – und das nicht nur während der Fasnachtstage. Karneval ist eine amüsante Kurzweil, wenn die Wirklichkeit nicht wäre. Der Mensch lässt sich vieles einfallen, um für sich im Labyrinth, in welchem er lebt, Vorteile zu erwirken. Dienlich ist auch die Kleidung. Wenn die Welt verrückt spielt und es dagegen kein Rezept gibt, lässt sich Sartres Buch durchaus in einem Kleiderschrank fertig lesen, um sich von der Welt abzuschotten, oder dann in einem Kleiderladen, der voller Illusionen, dass alles besser wird, steckt.
