Denken in drei Punkten

Max Frisch, auf der Suche nach Stoff, stiess in Locarno auf einen solchen. Er breitete diesen in der Erzählung Der Traum des Apothekers von Locarno aus. Der Text ist kurz – und bündig weniger. Darüber hinweg hilft sich der Autor mit den drei Auslassungspunkten. Das Bändchen eignet sich dazu, in der Stadt unter den Arkaden mit Blick auf die Piazza Grande oder am See mit Sicht auf die Strandpromenade Platz zu nehmen. Dort können sich die Müssigen, das Bändchen in der Hand, der Zählung der Touristen widmen, die möglicherweise selbst gar nicht wissen, was sie vor Ort darstellen und ob sie als gelangweilte Punkte über das Pflaster der Piazza oder den Weg der Promenande schreiten. Die Träume gehen – wie im Buch – hierhin und dorthin. Der Autor bemüht sich, die Gedankensplitter, welche durch die Köpfe der Leute trotten – so bei ihm, in seinem Text über das Stilmittel der drei Punkte sichtbar zu machen.

Die Überlegungen des trägen Landarztes beissen sich in seinem eigenen, maskulinen und unterbeschäftigten Wurmfortsatz fest und bestimmen die Wiederholung der Gedanken. Ihre stete Wiederkehr können die Leser und Leserinnen aufgrund der Kürze des Textes verschiedene Male unter den Arkaden und somit geschützt von der starken Sonne, die das Hirn verbrennt, oder am See unter Bäumen zu Ende lesen.

Die drei Punkte stehen für Logik. Diese rückt Punkt für Punkt im Denken schlüssig vor und generiert zusammenhängende Gedanken. Nicht so im Buch. Vermutlich wird die endlose Ende-Lese-Lektüre das Denken der Leserschaft einen Schritt weiter voran bringen als die Erzählung den Apotheker, Landarzt oder was er seiner eigenen Meinung nach von Beruf sonst noch ist.

Das süsse Nichtstun zwischen Grappa und morgendlichem Aufstehen trägt die Gedanken des Mannes durch den Tag, besonders wenn er von sich selber nicht weiss, was er ist, wie er seinen Tag verbringen soll und darum mit der Logik in drei Punkten seinen Gefühlen Ausdruck gibt. Kein Kunststück ist es also, wenn der Herr von Locarno auf der Suche nach neuem Stoff in der Unsicherheit seiner Wahrnehmung verbleibt und sich in seiner Endlosschlaufe nicht vom Alkohol zu lösen vermag, auch wenn dieser ihn morgens über variierenden Schattentraumbilder immer wieder neu in der Tag blicken lässt, den er unter Arkaden oder am Wasser verbringt und mit drei Punkten beendet.

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